Weil es nicht darum gehen sollte, uns Geld aus der Tasche ziehen zu lassen, sondern Ideen.
Wie ich also gerade unfreiwillig dabei bin, Sinnfluencer zu werden
Wer mich aus dem echten Leben kennt und mit mir auf Facebook und Co. befreundet ist, weiß, dass ich gerne mal einen raushaue und das immer schön brav eineindeutig auf meinem nerdy-geisteswissenschaftliches Naturell begründe.
Das hat mit Sicherheit damit zu tun, dass ich – Achtung, Achtung, jetzt wird’s mal kurz traurig – irgendwie kaum Freunde habe, die mit mir auf derselben Welle schwimmen. Und bevor ich diesen Zustand noch länger beklage, habe ich irgendwann die sehr erwachsene Entscheidung getroffen, mich nicht weiter zu verstellen und nur den „ach-guck-mal-was-für-einen-schönen-Moment-ich-grad-hab-Content“ zu posten, weil der mir echt so elendig langweilig geworden ist. Also röhre ich meine Beobachtungen, Sichtweisen usw. in meistens nicht ganz so unironischer Weise raus wie so ein einsamer Waldhirsch, in der Hoffnung, dass aus den digitalen Weiten irgendwie mal eine Antwort kommt. Und außerdem: Dieser ganze unschöne Zeitmist, den wir gerade zu ertragen haben, will ich einfach nicht zu ertragen haben und habe als kleines Zusatz-Hobby das Mitdiskutieren in den Social Media zugelegt.
Warum Geisteswissenschaftler jetzt gefragt sind und allesamt sowas wie Sinnfluencer werden sollten
Halten wir als erstes mal fest: Ziemlich viele ernste Probleme, die wir haben, können von Geisteswissenschaftlern gelöst werden. Ingenieure haben auch ihre Entwicklerprobleme, keine Frage; aber sie denken in Prozessen und Lastenheften und finden so ihre wohl geordnete Lösung, weil sie eine Methode haben, auf die sich verlassen können. Aber mal Hand auf’s Herz, Leute: Die echten Probleme sind nicht die, wie wir die E-Autos noch 50 km/h schneller, effizienter oder sonstwas entwickelt bekommen, sondern wie sich mit Hinblick auf den Klimawandel jeder eins leisten kann! Isso! Deswegen sind „im Business“ so Sachen wie Design Thinking gerade so beliebt und erleben einen Hype, obwohl das Konzept eigentlich schon sehr alt ist: Man entdeckt den Menschen neu. Und wie heißt Geisteswissenschaft auf englisch? HUMANITIES. Aus Gründen (wer nicht weiß, was Design thinking ist und da irgendwie neugierig ist, darf sich gerne bei mir melden).
An alle Geisteswissenschaftler da draußen: Kommt aus euren Silos raus! Ihr habt eine Verantwortung!
Ich möchte also meinen Kollegen im Geiste für den Geiste zurufen: Kommt mal aus euren komischen Ecken raus, auch wenn euch gerade keiner zu rufen scheint wie die ganzen IT-Nerds! Denn selbst die IT braucht uns. Leider bekomme ich das nur so am Rande meiner Filterblase mit, werde das aber mal in den Fokus rücken und euch auf dem Laufenden halten, vielleicht kann ich auch mal so etwas wie einen Gastbeitrag organisieren, ich habe da schon wen im Blick. Denn in Netzen denken können wir doch wohl auch spitzenmäßig, also kann ich auch jedem nur ans Herz legen, intensiv zu netzwerken, das macht auch sehr viel Spaß, wenn man seine Eitelkeiten mal an der Garderobe hängen lässt und beim Verlassen des Lokals idealerweise auch gleich vergisst und hängen lässt.
S’influencer auf Französisch heißt: Sich gegenseitig beeinflussen
Dies soll also ein Blog werden für Leute, die sich in irgendeiner Weise für Zeitgeist interessieren, und da die Zeit gerade echt am Umbrechen ist, sollten das alle sein, die sich nicht irgendwie für taube Nüßchen halten. Die Influencer unserer Zeit haben ein sehr vordergründiges Geschäftsmodell, was ich hier nicht weiter zu erläutern brauche. Ich stelle mir das Sinfluencer-Dasein allerdings anders vor: Es geht nicht darum, euch irgendwie Geld aus der Tasche zu ziehen, sondern Ideen. S’influencer auf französisch heißt: Sich gegenseitig beeinflussen. Hier stehe ich nun, ich einsamer Waldhirsch und röhre das alles mal so raus, in der Hoffnung, dass ihr alle fleißig mitdenkt, mitmacht und – ganz wichtig – mitlacht. Vielleicht werde ich ja irgendwann mal eine ganz große Nummer im Edutainment – würde das damit verdiente Geld lieber für die Bildung unserer Kinder spenden, denn die sollten wir auf jeden Fall beeinflussen und sie nicht den Tablets überlassen!