Der Abschied vom Ego: Authentisch, weil achtsam im digitalen Raum
Der Abschied vom Ego: Authentisch, weil achtsam im digitalen Raum

Im digitalen Raum sind wir in einer reinen Ego-Manie-Sales-Maschinerie gefangen. Sales allein sind schon nicht achtsam. Wobei: Sie achten schon etwas, nämlich auf die Conversion Rate, auf Klicks und Kram, vor allem aber aufs Geld. Nun findet soziale Interaktion spätestens seit diesem Jahr ausschließlich im digitalen Raum statt. Gerade jetzt wäre Achtsamkeit das Gebot der Stunde. „Aber Teresa,“ ruft ihr jetzt, „was hast du denn? Es gibt doch megagute Angebote zum Thema Achtsamkeit! Das ist ja das Trend-Thema!“– „Eben,“ antworte ich euch dann, „eben.“ Und dann verweise ich euch auf diesen Artikel, der wie folgt weitergeht: Es gibt einen ganzen Heuschreckenschwarm, der sich über die Theorie zu diesem Thema hermacht. Und wer sich mit dem folgenden Satz identifiziert, ist selbst Schuld: Hier lockt halt gerade das schnelle Geld wie ein schönes saftiges Grün. Aber ich halte diesen ganzen Heilsversprechen-Content für geradezu gefährlich – und ja, auch in diesem bekloppten Jahr, wo sich alle nach Seelenthemen sehnen. Es sind aber immer nur Quick-Mindfullness-Hacks: Eine Yogaübung hier, ein Meditation da und sowieso: Morgenrituale, ganz wichtig, Leute. Natürlich mit kalter Dusche, damit ich dann einen klaren Kopf bekomme. Und wenn das alles nicht hilft, dann buche halt für nur 2999,- Euro drei Tage meinen Yoga-Retreat. Ach Corona, na gut, dann halt meinen Kurs für nur 345,- Euro, Workbook inklusive, na klar.

Auch ohne Corona: Vergiss‘ Ibiza. Und die sozialen Medien gleich mit

Vergiss‘ zumindest die marketingoptimierte glatt gelutschte Seite. Ibiza ist schön, dort am Strand weise in die Ferne zu blicken ist es auch und die sozialen Medien, ja, die können auch echt Spaß machen. Aber mal ehrlich: 2020 hatte es sehr in sich. So sehr, dass wir diese glatt gelutschte Seite echt nicht gebrauchen können. Wir wurden alle ziemlich gebeutelt – und ich spare mir hier eine Aufzählung, wer genau welche Konsequenzen tragen musste. Ich schreibe lieber formal dichte Texte, auch wenn sie inhaltlich nicht ganz dicht sein mögen. Nur ich bin halt wie das kleine Kind in dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ und sage häufig: „Aber der hat ja gar nichts an!“ – Entzaubern kann ich also sehr gut und gehe dieser Beschäftigung am Intensivsten in meinen Instagram-Stories nach. Das Entzaubern von irgendwelchen Glaubenssätzen oder Buzzwörtern – und sowieso allem, was fake ist – ist mein persönlicher Beitrag, den ich als Geisteswissenschaftlerin einfach leisten muss, um damit am Ende eine Lösung aus dem Hut zu zaubern, die den Menschen wirklich hilft. Und die ist meistens nicht glattgelutscht. Das Kind in dem Märchen meint es schließlich auch nicht böse. ☞ Als Spoiler: Es geht mir in diesem Artikel NICHT um ein Bashing des Themas Achtsamkeit, sondern um die fragwürdigen Geschäftsmodelle, die damit betrieben werden. Hier ein Meme, welches ich der Anschaulichkeit zuliebe gebastelt habe:

Die Entzauberung der Achtsamkeit nach Art des Hauses

Es gibt also einen Haufen Menschen (Trainer, Therapeuten, Organsisationsentwickler, mentale Gesundheitsexperten und Berater), die mit Achtsamkeit gerade ihr Geld verdienen. Oder eben damit, dass es uns armen modernen Menschen in unserem bis zur perfekten Instagram-Schönheit optimierten Zuhause einfach zu gut geht. Ich kann aber diese ganzen Zitate und Glücksversprechen auf Instagram einfach nicht mehr ertragen, ich sag’s euch. Und auch wer so etwas (re-) produziert, kann sich auch nicht von Luft und Liebe ernähren, auch wenn diese Person uns das immer glaubhaft machen will. Gehen wir also mal einen logischen Denkweg, gemeinsam. Bei meinem Vertriebsmentor Max (genannt: Mentor Max) habe ich folgende Unterscheidung gelernt: Es gibt zwei Arten von Marketing: Branding oder Conversion. Conversion ist alles aus dem Zaubertrick-Kiste des Vertriebs: Künstliche Verknappung, Angebote, Preisvorteile, Call-to-Actions (CTA). Klick‘ hier, kaufe jetzt. Aber im Ernst? Ich finde das schlimm, weil es auf den Menschen einen Druck ausübt und definitiv NICHT vertrauenserweckend ist. Dabei ist es so leicht, die Herzen der Menschen zu gewinnen: Sei einfach verdammt noch mal ehrlich zu dir und zu den anderen – der Weltfrieden könnte so einfach sein.

Einseitigkeit als Glücksfall und Gefahr

Es gibt im Leben nie das eine OHNE das andere. Das ist das einfachste und langweiligste Prinzip der Welt, aber auch das wichtigste. Leben geht nicht ohne Tod, Liebe nicht ohne Hass, schwarz nicht ohne weiß. Geisteswissenschaftler kennen übrigens noch mehr ultimative Gegensätze. Wenn wir von einer Sache das Gegenteil verstanden haben, haben wir sie selbst schon ziemlich gut verstanden. Und von daher finde ich den Laura-Maria-Seiler-oder-wie-die-heißt-Achtsamkeits-Trend mehr als gefährlich: Weil Achtsamkeit einseitig gepredigt wird und wir gar nicht kapieren, was Achtsamkeit überhaupt ist. Und der Oberwitz: Letzten Endes ist es eine riesige Geldmaschine, genauso wie Tobias Beck oder wie die ganzen selbst ernannten Coaches alle so heißen. Es geht nur um Sales. Wir kauftauschen ein gutes Gefühl gegen ein schlechtes, welches uns vorher (auch noch via Storytelling!) gemacht wurde. Das Allerschlimmste: Das ist nicht nur kauftauschen, sondern auch kaufrauschen. Die Industrie hat es schon immer verstanden, die Menschen in einer schwierigen Lage sittenwidrig in ihre Abhängigkeit zu bringen. Das ist wie Labello, der Stoffe enthält, die die Lippen langfristig austrocknen und schon müssen wir einen neuen kaufen.

Achtsamkeit ist an sich etwas Grandioses

Achtsamkeit ist das Gebot der Stunde, keine Frage. Auch hier will ich mir die Aufzählung sparen, denn dass das rücksichtslose Verhalten des Menschen den Globus ziemlich zugrunde richtet, haben wir alle schon verstanden, oder? Der Partner in Crime von Achtsamkeit ist Nachhaltigkeit und beide bilden zusammen mit ihren Kindern veganer Ernährung, Verzicht auf Konsum und sowieso auf alle Produkte des Turbokapitalismus eine friedvolle Familie. Ich stelle sie allein aus ironischen Gründen mal als eine Sitzprotest-Gruppe dar, die früher mal Gitarre gespielt und sich dann träumerisch in den sanften Wellen eines korallefarbenen Meeresglühen gewiegt haben. Mit Lagerfeuer am Strand, klar. Wer das jetzt fies findet, hat sich den Instagram von Laura Malina (aha) Seiler noch nicht angesehen. Zum Mitschreiben: Ich will auch achtsam und nachhaltig leben und bin da auch sehr resolut, glaubt mir das bitte. Noch einmal: Meine Kritik richtet sich gegen die einseitige, rein auf Verkauf-orientierte Kommunikation von Menschen, die sich irgendwann mal wachgeküsst gefühlt haben und jetzt auf einer dubiosen Mission sind – nämlich mit wenig Aufwand viel Geld verdienen. Oder noch konkreter: Meine Kritik richtet sich gegen Unprofessionalität im weitesten Sinn, die sich hinter einem riesigen Social-Media-Marketing-Heiopei versteckt und letzten Endes mit der leichten Verführbarkeit der Menschen Geld machen will.

Warum ich mich 2021 mehr mit dem Thema beschäftigen werde – und vor allem wie

Eine meiner Jahreshighlights 2020 ist die Verbindung zu Stefanie, die inzwischen zu einer Freundschaft gewachsen ist. Stefanie ist Coach und alle, die jetzt die Augen rollen: Sie ist kein Sales-Coach und dafür liebe ich sie. Wir beide schenken den Menschen Klarheit und Orientierung, und ja, als Kunde kann die Zusammenarbeit mit uns ziemlich intensiv werden. Keine Happy-me-time in pfirsich-farbenen Beigetönen (im Englischen gibt es gar einen Spruch: „Everything is just peachy.“) Nein, Stefanie und ich bauen unsere berufliche Partnerschaft von gemeinsamen Projekt zu gemeinsamen Projekt immer mehr aus und haben irgendwann festgestellt: Wir sind an dem Menschen interessiert, der vor uns sitzt und weder an seiner Rolle in der Welt noch an seinen Rollen an Geld. – Sondern ausschließlich an der Person, die übrig bleibt, wenn wir die häufig in den sozialen Medien erschaffene Figur mal höflich zur Seite treten lassen. So arbeiten wir jedenfalls nicht:

Über Real Deals im Thema Achtsamkeit und Storytelling

Das Tolle an Stefanie und mir: Wir sind beide für unsere jeweiligen Bereiche extremst qualifiziert. Stefanie ist als Coach ICF-zertifiziert und macht regelmäßige Aus- und Weiterbildungen, mit Supervision und Co. Achtsamkeit heißt bei Stefanie eine ewig lange Praxis in Yoga und Mediation (auch in Indien) und eine mehrjährige Ausbildung auf einer neurowissenschaftlichen Basis als Trainerin für Achtsamkeit in Organisationen; außerdem macht sie Weiterbildungen am Presencing Institute des MIT– das ist schon das Hogwarts der Achtsamkeit! Ist so! Und ich bin in Storytelling sehr qualifiziert, weil ich 12 Semester Literaturwissenschaft studiert habe und weiß, wie und warum Literatur wertende Kommunikation über Werte ist (Definition meines kürzlich verstorbenen Professor Willems). Und ich weiß von der Pike auf, wie Geschichten funktionieren. Da ist echtes Wissen sehr hilfreich, was Plots und Narrative sind. Was Korrektive sind. Warum uns manche Dinge berühren und warum manche nicht. Woran wir inhaltlichen Müll in einer schönen Verpackung erkennen.

Und wir beide sind mit allen Wassern gewaschen: Sie hat jahrelang im Konzern (Bosch) gearbeitet und ich im Agenturwesen, wo ich Storytelling schon immer angewendet habe. Wir beide haben uns an einem Punkt im Leben gefunden, an dem etwas verändern wollten. It’s a match!

Was Stefanie und ich eigentlich tun

Stefanie hilft den Menschen herauszufinden, wer sie überhaupt sind und was sie ausmacht. Sie arbeitet mit den individuellen und tief gehenden Fragen und Methoden, die schon ordentlich in der Seele herumrühren und Verborgendes herausbrechen, nämlich das Potential des Einzelnen zu aktivieren. Die Basis aller Selbsterkenntnis bilden unsere Werte. Der Coachee ist immer der Experte in seinem Prozess und bestimmt wie weit und tief er in seine Verletzlichkeit gehen möchte. Das ist bei den Power-Sellern ganz anders, Stichwort Ausnutzen einer schwachen Situation und einer tiefgreifenden Verzweiflung, die uns an jeden Grashalm klammern lässt. Power-Seller nehmen auch Klienten an, die eigentlich in eine Therapie gehören. Und das ist alles unseriös und erst recht kreuzgefährlich und wir bewegen uns hier sogar in einer rechtlichen Grauzone.

Ich helfe den Menschen, dieses wiedergefundene Ich aus ihrer persönlichen Lebensgeschichte heraus in den digitalen Raum zu tragen – aber ein Ponyhof ist die Zusammenarbeit mit mir dann auch nicht richtig: Denn auf LinkedIn-Profilen, Websiten, Instagram-Stories und Co. einen authentischen weil verletzlichen Auftritt à la Brené Brown hinzulegen, das ist wirklich höhere Kunst, weil es einfach sehr viel Mut auf der Seite unserer Kunden erfordert und von mir ein extrem hohes Maß an Empathie und Kreativität. Jedenfalls: Stefanie räumt das Seelenfeld gründlich aus der Tiefe auf, ich kann dann ergänzend auf dieser Basis den Plot herausfinden und die Urgeschichte herauskristallisieren. Das Schönste an unserer Zusammenarbeit ist: Wir sind gleich und doch so schön anders.

Meine Crew ist extrem unsichtbar und das ist auch der Sinn der Sache

Als ich in die Selbstständigkeit gestartet bin, war es von Beginn an mein Traum, ein Partner-Netzwerk zu haben, auf das ich mich verlassen kann. Ich wusste von Anfang an: Ich brauche jemanden für Grafik-Design, für Web-Design und jemanden, der sich mit Datenanalyse auskennt. Daher habe ich über die sozialen Medien bewusst keine kundenzentrierte Kommunikation gemacht, sondern so knalltütig-ironisch, wie ich glaube, von meinen alten Kollegen in der Agentur sehr gemocht worden zu sein. Ich hatte schon erste Aufträge und brauchte daher kein Sales zu machen. Und wisst ihr, was passiert ist? Also erstens ist meine Strategie aufgegangen und ich habe ein tolles Team um mich herum versammelt (Jahreshighlight 2020!) , aber zweitens: Es sind auf diese Weise eigentlich alle Aufträge reingekommen. Das Feedback war immer: „Ich finde es so cool, was du machst, es ist so authentisch!“, „Ich kenne niemanden mit so coolen Instagram-Stories wie die von Teresa.“ Und eigentlich bin ich halt nur gnadenlos ehrlich und erzähle viel. Storytelling halt! Jedenfalls ist das Team, mit dem ich arbeite, einfach grandios, weil es alles hochqualifizierte, aber stille Profis sind. Gemeinsam mit Stefanie habe ich an ihrer Website gearbeitet – ab Mitte Januar ist aber erst die Version online, die ich für sie konzipiert und mit meinem Dream Team namens Grafik-Design-Profi Isis-Helena Visscher und Webdesign-Profi Marc Leyendecker zusammen erstellt habe. Denn wenn ich eins 2020 im digitalen Raum gelernt habe: Ich will einfach niemanden mehr auf den Leim gehen, der nicht absoluter Profi in seinem Gebiet ist. Und ja, ich bin altmodisch. Ich will Zertifikate und Blut, Schweiß und Tränen sehen von den Menschen, mit denen ich arbeite.

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